Blockchain für einen smarten Energiemarkt: BEST
Projektbeschreibung
Im Projekt „BEST – Blockchainbasiertes dezentrales Energiemarktdesign und Managementstrukturen“ wird ein Strommarktbietersystem (SMBS) auf Basis einer Blockchain und als Open-Source-Software entwickelt.
Blockchain? Was ist das?
Unter einer Blockchain versteht man im Wesentlichen eine dezentrale, öffentliche Datenbank, die für Transaktionen jeglicher Art verwendet werden kann. Dabei werden Transaktionen in Blöcken zusammengefasst und mit einer eindeutigen Signatur versehen. In jedem Block befindet sich außerdem ein Verweis auf den vorangegangenen Block. So entsteht eine unveränderliche chronologisch geordnete Kette aus Informationsblöcken. Bevor ein Block an diese Kette angehängt wird, müssen die Beteiligten verifizieren, dass die gespeicherten Informationen korrekt sind. Dadurch entsteht ein dezentrales Kontrollsystem, das ohne Autoritäten wie Banken oder Makler auskommt. Im BEST-Projekt wird erforscht, wie sich die Blockchain-Technologie bestmöglich zum Stromhandel im Rahmen der Energiewende nutzen lässt.
Warum muss der Stromhandel wie er heute ist, für die Energiewende verändert werden?
Die Energiewende macht es erforderlich, bidirektionale Stromflüsse zu ermöglichen, also den Stromfluss in zwei Richtungen. Im Rahmen der konventionellen Stromerzeugung – etwa in großen Kohlekraftwerken – floss Strom immer nur in eine Richtung, nämlich vom zentralen Kraftwerk zu den stromverbrauchenden Haushalten und Unternehmen. Durch die Energiewende kommt es immer stärker dazu, dass Haushalte und Betriebe selbst Strom aus Photovoltaik auf ihren Dächern erzeugen und diesen ins Netz einspeisen: Der Strom fließt in mehrere Richtungen.
Technisch stellt dies an sich kein Problem dar, wichtig ist aber, dass die Netzfrequenz im Energiesystem stets stabil bleibt. Es muss also immer gleich viel Strom ins Netz eingespeist und verbraucht werden. Dies wird momentan über Stromgroßhandelsmärkte erreicht, hier kaufen und verkaufen Energieversorgungsunternehmen für jede Viertelstunde eines Tages Strom auf Basis möglichst genauer Prognosen. Prognoseungenauigkeiten gleichen Übertragungsnetzbetreiber mit Regelenergie aus – das bedeutet, dass etwa Kraftwerke kurzfristig hoch- oder heruntergefahren werden, Pumpspeicherkraftwerke zugeschaltet, oder große Verbraucher vom Netz getrennt werden.
Durch die fortschreitende Energiewende wird die Stromerzeugung immer dezentraler und volatiler – die Stromerzeugung schwankt lokal stark. Darum sollte Energie zukünftig möglichst direkt dort verbraucht werden, wo sie auch erzeugt wird, und vor allen Dingen dann, wenn sie gerade im Überfluss verfügbar ist. Dafür benötigen Verbrauchende zum einen intelligente Stromzähler, sogenannte Smart Meter, die den Stromverbrauch in enger Taktung messen und kommunizieren. Zum anderen benötigen sie lokale Strommärkte, wo Überschüsse und Engpässe untereinander ausgeglichen werden können. Dies würde das Stromnetz insgesamt entlasten. Wie dies mithilfe der Blockchain-Technologie am besten funktionieren kann, wird im BEST-Projekt untersucht.
Was ist die Idee hinter blockchainbasierten Stromhandelssystemen?
Stromanbietende und -verbrauchende in einer Region sollen ihren Strom selbst untereinander austauschen können (Peer-to-Peer-Handel). Dafür benötigen sie ein eigenes Stromhandelssystem, an dem jeder teilnehmen kann. Der Handel soll dabei automatisch ablaufen und hat das Ziel, das lokale Stromnetz stabil zu halten – also sicherzustellen, dass Stromerzeugung und -verbrauch in Balance bleiben. Durch Blockchain-Technologie könnte dies sicher, nachvollziehbar und dezentral gesteuert erfolgen. Eine Software würde den lokalen Strombedarf und das Angebot ermitteln, beides koordinieren und den Handel via Smart Contracts in der Blockchain speichern.
Welche Fragen sollen unter anderem in BEST geklärt werden?
Wie muss ein blockchainbasiertes Stromhandelssystem konkret ausgestaltet sein, um zu funktionieren?
Welche Auktionsmechanismen sollten zum Einsatz kommen?
Wie müssen die lokalen Netze, in denen der Strom gehandelt werden soll, definiert sein?
Welche energierechtlichen Rahmenbedingungen müsste ein solches Stromhandelssystem erfüllen?
Wie nützt ein blockchainbasiertes Stromhandelssystem der Energiewende?
Ein einsatzbereites SMBS würde einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende leisten, da es sämtlichen Anlagenbetreibenden und Stromkonsumierenden den unmittelbaren Handel mit den anderen Marktbeteiligten ermöglicht. Dies würde das gesamte Energiesystem stark entlasten und man könnte deutlich mehr Erneuerbare Energien ins Stromnetz integrieren.
Ein lokales Stromhandelssystem, das allen offensteht, würde zudem Anreize für Verbrauchende setzen, nicht nur ihren Strom lokal aus Erneuerbarer Energie zu beziehen, sondern auch ihre Lasten aktiv in das Handelssystem einzubinden. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn es gilt, Phasen mit geringer Stromeinspeisung abzupuffern.
Das SMBS ist ein Beitrag zur Digitalisierung der Energiewende, was zum einen ein zukunftsfähiges Stromsystem bedeutet und zum anderen Herkunft und Austausch von Strom transparent und nachvollziehbar macht. Durch die Veröffentlichung unter einer Open-Source-Lizenz, ist das SMBS jederzeit nachvollziehbar und reproduzierbar.
Die Gewinne des Stromhandels bleiben in den Regionen. So ergeben sich finanzielle und ideelle Anreize, in regenerative Energieerzeugung und Speichersysteme zu investieren.
Der offene Strommarkt bietet Möglichkeiten auch ältere Anlagen, für die es nach dem EEG keine garantierte Einspeisevergütung mehr gibt, weiterhin wirtschaftlich zu betreiben.
Wie läuft die Forschung im BEST-Projekt genau ab?
Zunächst werden potenzielle Nutzerinnen und Nutzer des SMBS befragt und die Anforderungen an das System gesammelt. Auf dieser Basis wird ein Konzept erstellt und umgesetzt. Danach folgt die Prototypenphase, in der die grundsätzlichen Funktionen des SMBS getestet und erste praktische Erfahrungen gesammelt werden. Danach wird das SMBS in einer Laborumgebung mit realen technischen Anlagen, Verbrauchern und Erzeugern verbunden und getestet. Am Ende der Entwicklung steht ein sechsmonatiger Praxiseinsatz im Geschäftsgebiet des Stromanbieters e-regio bei denen Kundinnen und Kunden das System unter realen Bedingungen testen. Parallel finden ein Wissenstransfer mit der Energiewirtschaft sowie eine rechtliche Prüfung des SMBS statt.
Für die Energiesystemforschung soll die Entwicklung des SMBS zwei Bedingungen erfüllen:
Praxisbezug: Ziel ist, das Stromhandelssystem nicht nur theoretisch zu planen, sondern auch erfolgreich in die Nutzung zu bringen.
Open-Source: Das SMBS wird unter Beachtung der Open-Source-Kriterien entwickelt und bleibt somit offen, transparent und nachvollziehbar, sodass es für zukünftige Forschung reproduzierbar ist.
Aufgaben
- Konsortialleitung
- Koordination der Partner, Kommunikation mit Projektträger
- Zusammenführung der Erkenntnisse
- Recherche, Bewertung und Identifizierung geeigneter Bietsysteme
- Überprüfung der Umsetzbarkeit der identifizierten Auktionssysteme für einen lokalen Energiemarkt mit Blockchain-Technologie und Bewertung der Sicherheit
- Spieltheoretische Simulationen zum Nutzungsverhalten im Energiemarkt
- Erstellung eines Szenarienkatalogs, der einen definierten Rahmen für die Tests bietet
- Bewertung: Transparenz, Skalierbarkeit, Unabhängigkeit?
- Architekturentwurf und Implementierung des SMBS als konkrete Software-Komponenten
- Einbindung des offenen Energiemanagementsystem „openEMS“ in die SMBS und Hinzufügen der notwendigen Schnittstellen
- Unterstützung beim Aufbau einer Hardware-in-the-Loop-Testumgebung, in der das SMBS erstmals mit realen technischen Anlagen, Verbrauchern und Erzeugern verbunden und getestet wird
Kontakt
Projektleitung
Friederike Reisch
Projektentwicklung Mobilität & Bereichsleitung (Stv.)
+49 (0)30 1208 434 32 friederike.reisch@rl-institut.deProjektmitarbeitende
Stefan Schirmeister
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
+49 (0)30 1208 434 86 stefan.schirmeister@rl-institut.de