Elektromobilität: Logistikfuhrparke bieten gesicherte Flexibilität und können Stromnetze entlasten

10. März 2023 | Elektrische Fuhrparke der Logistikbranche bieten eine gesicherte Flexibilität für das Stromnetz. Zusammen mit netzdienlichen Ladestrategien können sie helfen, Engpässe oder Überlastungen in Verteilnetzen zu vermeiden und Strom aus Erneuerbaren Energien flexibler zu nutzen. Zu diesen Ergebnissen kommt das Team des Projekts Netz_eLOG. Darin haben das Reiner Lemoine Institut (RLI), IAV und die E.DIS Netz GmbH am Beispiel eines Fuhrparks der Deutschen Post in Kleinmachnow Auswirkungen der Elektromobilität auf das Stromnetz untersucht.

In einem Praxistest mit 30 Elektrofahrzeugen (StreetScooter) der Deutsche Post AG hat das Konsortium analysiert, wie die Flotte als flexible Last für einen effizienten Betrieb des Verteilnetzes der E.DIS genutzt werden kann. Dafür wurden betriebliche Anforderungen des Logistikunternehmens berücksichtigt, wie Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit. Die Ergebnisse zeigen: Mithilfe netzdienlicher Ladestrategien kann der Stromverbrauch von Fahrzeugen an eine schwankende Einspeisung Erneuerbarer Energien angepasst werden. Das hilft zum Beispiel, einspeisebedingte Belastungsspitzen im Stromnetz zu reduzieren. Simulationen für geeignete Netzgebiete ergaben außerdem, dass bis zu einem Viertel des Ladestroms für einen vergleichbaren Fuhrpark durch Strom aus Erzeugungsanlagen bereitgestellt werden könnte, die ohne diese Strategie abgeregelt worden wären.

„Aktuelle Vorschläge der EU-Kommission für ein Reduktionsziel von 90 Prozent weniger CO2 im Bereich Nutzfahrzeuge bis 2040 werden den Hochlauf der Elektromobilität weiter antreiben. Unser Projekt zeigt, dass gerade im Logistikbereich netzdienliche Ladestrategien die Energiewende unterstützen können. Wir sehen außerdem, dass netzdienliches Laden unter den richtigen Rahmenbedingungen Kosten für Flotten- und Netzbetreiber reduzieren kann. Dafür gilt es nun, die Netzentgelte als Anreizsystem weiterzuentwickeln“, sagt Jakob Gemassmer, Leiter des Projekts und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich Mobilität mit Erneuerbaren Energien am RLI.

Fahrzeugflotte als große Batterie

Das Projektteam hat herausgefunden, dass E-Fahrzeuge einer Flotte mit ähnlichen Ankunfts- und Abfahrtszeiten Verteilnetzbetreibern eine gesicherte Flexibilität anbieten können. Solche Fuhrparke sind in der Lage, innerhalb einer klaren Standzeit konkrete Leistungsvorgaben des Netzbetreibers umzusetzen. Die Flotte dient dabei als große stationäre Batterie. Ihre Flexibilität als mobiler Speicher bleibt immer auf die Standzeiten der Fahrzeuge begrenzt.

Erfolgreiche netzdienliche Steuerung

Im Praxistest konnte E.DIS direkt aus der Leitstelle Steuersignale für die Ladevorgänge des Fuhrparks senden und so zum Beispiel einen gewünschten Ladefahrplan im Projekt umsetzen. Voraussetzung dafür war eine von IAV entwickelte IoT-Plattform als Software as a Service-Anwendung. Dort waren unter anderem Ladepunkte, Leistungsmesswerte und die Leitstelle für den Netzbetrieb angebunden. Die Werte zum Standort und den Fahrzeugen, wie zum Beispiel Energieverbrauch und Abfahrzeit dienten als Eingangsgrößen für die Steuerung. Mit der Anwendung und entsprechenden Daten hat das Projektteam Ladepläne für die Zukunft erzeugt und aus vergangenem Ladeverhalten gelernt.

Grundlage für die sichere Nachrichtenübertragung zur Ladesäule bildete das Open Charge Point Protokoll. Diese interoperable Kommunikation mit den Ladepunkten und die Anbindung an die Leitstelle des Netzbetreibers sind Voraussetzungen für die Nutzung netzdienlicher Flexibilität.

Open-Source-Modell für Ladestrategien entwickelt

Analysen in verschiedenen Netzgebieten und für weitere Anwendungsfälle ergeben ähnliche Ergebnisse wie der Praxistest mit DHL. Das RLI hat zu diesem Zweck SpiceEV, ein Open-Source-Modell zur Simulation und Analyse von Ladestrategien entwickelt. Damit wurden weitere Fuhrparke aus den Bereichen Logistik, Handel oder Dienstleistung untersucht.

 

Über das Projekt: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert das Projekt im Zeitraum November 2019 bis März 2023. Die Ergebnisse wurden am 10. März in Potsdam vorgestellt

Über das RLI: Das Reiner Lemoine Institut (RLI) ist ein unabhängiges, gemeinnütziges Forschungsinstitut, das sich seit 2010 für eine Zukunft mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien einsetzt. Die Wissenschaftler*innen des RLI forschen anwendungsorientiert und wissenschaftlich für die Energie- und Verkehrswende in Deutschland und international. Seit der Gründung haben sich die am Institut entwickelten Open-Source-Modelle fest in der Energiesystemmodellierung etabliert. Die Mobilitäts- und Elektrifizierungskonzepte des RLI werden von Unternehmen und der öffentlichen Hand weltweit umgesetzt.

Über E.DIS: Die E.DIS AG mit ihrer Tochter E.DIS Netz GmbH ist einer der größten regionalen Energienetzbetreiber Deutschlands. Mit etwa 2.500 Mitarbeitenden einschließlich rund 170 Auszubildenden ist die E.DIS-Gruppe einer der größten Arbeitgeber in den neuen Ländern. Die E.DIS investiert jedes Jahr weit über 100 Millionen Euro in ihre Netze, die eine Leitungslänge von rund 80.000 Kilometern haben. Circa 1,3 Millionen Haushalte, Gewerbe- und Industriebetriebe in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sind an dieses Netz angeschlossen.

Über IAV: Als einer der global führenden Engineering- und Technologiepartner der Automobilindustrie entwickelt IAV die digitale Mobilität der Zukunft. Das Unternehmen entwickelt seit 40 Jahren innovative Konzepte, Methoden und Lösungen, und hat 2022 einen Umsatz von 837 Mio. Euro erwirtschaftet. Mit 7.600 Mitarbeitenden bringt IAV das Beste aus unterschiedlichsten Welten zusammen: Automotive- und IT-Welt, Hard- und Software-Welt sowie Produkt- und Servicewelt. Neben der Fahrzeug- und Antriebsentwicklung hat das Unternehmen bereits frühzeitig auf Themen, wie beispielsweise E-Mobilität und autonomes Fahren gesetzt und ist heute einer der führenden Technologieanbieter auf diesen Gebieten.

 

Pressekontakt RLI

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Projektleitung RLI

Jakob Gemassmer
Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Projektleiter
Forschungsbereich Mobilität mit Erneuerbaren Energien
Tel.: +49 30 1208 434 85
E-Mail: jakob.gemassmer@rl-institut.de

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