Ladebedarf bis 2030 neu ermittelt: Studie zu öffentlich zugänglichen Ladepunkten und Ladeleistung setzt Leitplanken für den Ausbau

5. Juni 2024 | Die Studie „Ladeinfrastruktur nach 2025/2030: Szenarien für den Markthochlauf“ der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur (Leitstelle) erscheint heute in einer aktualisierten Neuauflage. Ihre Ergebnisse sind nicht nur eine wichtige Entscheidungsgrundlage für privatwirtschaftliche Aktivitäten, sondern spielen auch für den Stromnetzausbau, die Erstellung lokaler Masterpläne in den Landkreisen und Kommunen sowie das regionale Ausbaumonitoring der Bundesregierung für ganz Deutschland eine wichtige Rolle. Die Ergebnisse können auch bei der Erstellung von Förderrichtlinien herangezogen werden.

Das Reiner Lemoine Institut (RLI) hat gemeinsam mit der Leitstelle das Modell der Neuauflage 2024 weiterentwickelt und die Berechnung durchgeführt. Eine wichtige Grundlage für die Studie ist die von der NOW GmbH im April veröffentlichte „Herstellerbefragung zu Marktentwicklung und Technologietrends bei E-Pkws“.

In der Studie werden neben dem Referenzszenario vier weitere Szenarien betrachtet, die sich durch unterschiedliche Annahmen auszeichnen (Geringe Verfügbarkeit nicht öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur, Hohe Verfügbarkeit nicht öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur, Digitale Optimierung und HPC-Fokus).

Die wichtigsten Ergebnisse:

  • In der Studie wird je nach Szenario eine installierte Ladeleistung von 23,3 bis 32,4 GW ermittelt.
  • Das entspricht einem Bedarf von 380.000 bis 680.000 öffentlich zugänglichen Ladepunkten, davon 55.000 bis 90.000 HPC-Ladepunkte über 150 kW Ladeleistung. Im Referenzszenario, das die Basisannahmen kombiniert, ergibt sich ein Bedarf von 520.000 Ladepunkten, davon 68.000 HPC-Ladepunkte.
  • Die in die E-Pkw verladene Menge an elektrischer Energie beziffert sich insgesamt auf 37,8 TWh – wobei öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur je nach Szenario einen Anteil zwischen 36 und 50 Prozent dieser Energie zur Verfügung stellen wird.
  • Die Anzahl nicht öffentlich zugänglicher Ladepunkte zu Hause und in Unternehmen hat großen Einfluss auf die notwendige öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur.
  • Das HPC-Szenario, bei dem ein Fokus auf HPC-Ladeinfrastruktur gelegt wird, reduziert die Gesamtzahl an benötigten öffentlich zugänglichen Ladepunkten bei wachsender Anzahl von HPC-Ladepunkten, wobei die installierte Ladeleistung gegenüber dem Referenzszenario konstant bleibt.

Der in dieser Studie ermittelte Ladeinfrastrukturbedarf ist erforderlich, um den hohen Markthochlaufambitionen der Bundesregierung gerecht zu werden. Unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt welcher E-Pkw-Bestand erreicht wird, bleibt der korrespondierende mindestens benötigte Bedarf an Ladeinfrastruktur unverändert.

Kurt-Christoph von Knobelsdorff, Geschäftsführer und Sprecher der NOW GmbH:
„Die aktualisierte Studie bietet eine einzigartige datenbasierte Planungsgrundlage für Ladeinfrastruktur in Deutschland – bedeutsam für alle Stakeholder und die Fahrzeug- und Energiebranche insgesamt. Das ambitionierte Ziel von 15 Millionen E-Pkw bis 2030 bleibt für die Ausbaustrategie und den erfolgreichen Markthochlauf der Elektromobilität richtungsweisend. Gleichwohl verändern die dynamischen Entwicklungen sowohl bei Ladetechnologien als auch auf dem Fahrzeugmarkt die Anforderungen an das Gesamtsystem der öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur erheblich. Für dieses wird perspektivisch die Ladeleistung planerisch eine immer größere Rolle spielen.“


SimBEV als digitales Werkzeug für die Planung von Ladeinfrastruktur

Die RLI-Wissenschaftler:innen haben sämtliche Bedarfe an öffentlicher Ladeinfrastruktur in Deutschland und damit verbundene Energiemengen bis zum Jahr 2035 in verschiedenen Szenarien berechnet. Das Projektteam hat dafür die Software SimBEV weiterentwickelt. Nutzende können damit Ladebedarfe von E-Pkw in Regionen ermitteln und dabei zum Beispiel nach Fahrzeugtypen, Nutzendengruppen und Regionstypen unterscheiden. Als Ergebnisse erhalten sie Fahr- und Ladeprofile für alle Fahrzeuge in der Region sowie Lastzeitreihen für verschiedene Ladevarianten wie beispielsweise zu Hause, bei der Arbeit oder am Supermarkt. Der gesamte Programmcode ist in der Programmiersprache Python geschrieben und vollständig mit der Open-Source-Lizenz MIT auf dem Onlinedienst github frei verfügbar. Das digitale Instrument hilft Akteuren wie zum Beispiel Kommunen, Unternehmen oder Wohnungsbaugesellschaften bei der Planung von Ladeinfrastruktur.

 

Hier gibt es die komplette Studie zum Download.

Hier geht es zu Software SimBEV auf github.

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