Ländliche Elektrifizierung mit PV-Mini-Grids – Fallbeispiel Nigeria (Cader et al. 2016)

Catherina Cader, Philipp Blechinger, Paul Bertheau

Weltweit haben mehr als 1,3 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sicherer Stromversorgung vor allem in Sub-Sahara Afrika und in Süd-Ost Asien. Dieser Mangel wirkt sich negativ auf die Gesundheitsversorgung, Bildung und die wirtschaftliche Entwicklung aus. Deshalb werden in diesen Länder großflächige Elektrifizierungsprogramme – häufig mit der Unterstützung internationaler Geldgeber und Institutionen – unternommen, um eine bessere Versorgung der lokalen Bevölkerung mit Strom zu erreichen.

Die Elektrifizierung von Millionen von Menschen in ländlichen und abgelegenen Gebieten stellt eine große technische und finanzielle Herausforderung dar. Der lange Zeit favorisierte Weg war die Erweiterung des zentralen Stromversorgungsystems durch schrittweisen Netzausbau. Allerdings ist der Netzanschluss nicht immer verbunden mit einer Elektrifizierung, da oft Erzeugungskapazitäten im zentralen Versorgungssystem fehlen. Durch die sinkenden Kosten im Bereich der Erneuerbaren Energietechnologien, vor allem der Photovoltaiksysteme, werden dezentrale Mini-Grids zu einer wettbewerbsfähigen Alternative. Das heißt, dezentrale PV Mini-Grids können die Investitionskosten für die Elektrifizierung entlegener Gebiete senken und zuverlässiger umweltfreundlichen Strom liefern, als es über den konventionellen Weg der Netzerweiterung möglich ist. Die zuständigen Staaten und Institutionen nehmen diese Möglichkeit der dezentralen Elektrifizierung allerdings nur bedingt war, was auch auf einen Mangel an planerischen Kapazitäten zurückzuführen ist.

Am Reiner Lemoine Institut (RLI) ist ein ländliches Elektrifizierungsplanungstool entwickelt worden, das einen kostenoptimalen Ausbau der Stromversorgung durch die Optionen Netzausbau, Mini-Grids und Solar Home Systeme simulieren kann und damit eine effektive Planung unterstützt. Für diese Veröffentlichung wird das Planungstool für einen Bundesstaat in Nigeria angewendet, um das Potential von PV-Mini-Grids zur Elektrifizierung von ländlichen Gebieten zu bestimmen. Dazu werden erst einzelne Nachfragecluster mit Hilfe geographischer Analysen definiert, die elektrifiziert werden müssen. Für diese nicht-elektrifizierten Cluster wird eine Abschätzung des zukünftigen Strombedarfs durchgeführt. Anschließend werden für diesen Bedarf Energiesystemsimulationen durchgeführt, um die Kosten verschiedener Elektrifizierungsoptionen (Netzerweiterung, Mini-Grids, Solar Home Systeme) zu ermitteln, wobei ein besonderer Fokus auf PV-Mini-Grids gelegt wird. Der gesamte Modellierungsprozess ist in Abbildung 1 der Präsentation beschrieben. Das Ergebnis der Toolanwendung ist eine räumlich aufgelöste Darstellung der optimalen Elektrifizierungsoptionen, die auf den ersten Blick eine Potentialabschätzung ermöglicht (vgl. Abbildung 2). Mit dieser Studie sollen zwei wesentliche Aspekte vermittelt werden:

  1. Erstens wird die Wichtigkeit des Einsatzes von umfassenden Planungstools unterstrichen, der die technisch und wirtschaftlich optimale Elektrifizierungsstrategie von abgelegenen Regionen ermöglicht.
  2. Zweitens zeigt sich in dieser Studie, dass die Photovoltaik auch außerhalb von Solar Home Systemen einen entscheidenden Beitrag zur Elektrifizierung ländlicher Regionen leisten kann. Dazu ist es wichtig die Potentiale von PV-Mini-Grids zu erkennen und in einer Vielzahl von Projekten zu nutzen.

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