Erfolgreicher erster Workshop zu Energiewende-Beteiligungs-Tool
15. Juni 2018 – Wie kann es allen Beteiligten der Energiewende ermöglicht werden, an Planungsprozessen teilzunehmen? Diese Frage erforscht das Reiner Lemoine Institut gemeinsam mit dem Energieavantgarde Anhalt e. V. im Rahmen des Kopernikus-Projekts ENavi. Am 23. und 24. Mai fanden in Wittenberg in den Räumen der Leucorea Stiftung darum die ersten Workshops zu einem sogenannten Stakeholder-Empowerment(StEmp)-Tool statt, das diese Funktion übernehmen soll. In vier Sessions diskutierten 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Region Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg die Inhalte und Umsetzung des Tools. Sie repräsentierten die verschiedenen Beteiligten der Energiewende, wie etwa (Energie-)Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung, Landwirtschafts- und Bürger- Verbände, und bewerteten Annahmen und Maßnahmen aus ihren jeweiligen Perspektiven auf die Energiewende in der Region.
Das Tool ist ein Dialog- und Visualisierungswerkzeug, mit dem Maßnahmen und deren Auswirkungen im Kontext Energiewende auf regionaler Ebene dargestellt werden können. Es wird schrittweise gemeinsam mit Akteuren der Region entwickelt um mögliche Entwicklungspfade aus vielen Blickwinkeln zu erfassen und so ein ganzheitliches Bild zu schaffen. Dies soll einerseits den Planungsinstanzen dabei helfen, Bedürfnisse und Kritik der Menschen vor Ort zu berücksichtigen, andererseits soll der Ansatz neue Wege zu einer erneuerbaren Energieversorgung in den Sektoren Strom, Wärme und Mobilität erschließen. Dialoge zwischen allen Beteiligten können so auf Basis einer neutralen, transparenten Grundlage geführt werden.
Die Abbildung zeigt den Entwicklungsprozess des Tools. Schritt I und II sind bereits erfolgt, mit dem Workshop ist der III. Schritt Aufnahme der Anforderungen/Input der Stakeholder getan.Im nächsten Schritt erfolgt die Implementierung und gegen Ende des Jahres 2018 werden die Akteure in einem weiteren Workshop die Beta-Version des Tools testen können.
Für das Tool wird das Energiesystem der Region Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg modelliert. In dem Modell wird der Status quo der Strom- und Wärmeversorgung abgebildet und verschiedene Zukunftsszenarien entwickelt. Neben zeitaufgelösten Energiebilanzen wird auch der nötige Flächenbedarf für Windkraftanlagen und Photovoltaik der Flächenverfügbarkeit gegenübergestellt. So soll die Frage beantwortet werden wie eine regionale erneuerbare Energieversorgung – ein
regionaler „Energiebalancekreis“ – aussehen könnte. Es kann gezeigt werden, welche Maßnahmen erforderlich sind um die nationalen Klimaschutzziele zu erreichen und welche (Flächen-) Auswirkungen sie in der Region hätten. Damit ist das Tool ein Energiewende-Navigationssystem im Kleinen.
Das Tool hat eine interaktive und grafisch aufbereitete Oberfläche, die zum einen Ergebnisse von vorberechneten Szenarien darstellt und zum anderen den Nutzerinnen und Nutzern ermöglicht durch Parametervariation eigene Szenarien zu erstellen. In den Workshops wurden erste Entwürfe des Tools vorgestellt (Abbildungen 1 bis 4).
Das webbasierte Tool kann zum Beispiel im Diskurs zur regionalen Energiewende, zur Öffentlichkeitsbeteiligungen bei Planfeststellungsverfahren und Windparkgenehmigungsverfahren eingesetzt werden. Da es als Open-Source-Software entwickelt wird, ist sowohl die Anwendung des Tools als auch die Nutzung des Quellcodes zur Weiterentwicklung für alle möglich.
In den Workshops gab es viel positives Feedback. Durch den wertvollen Input der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit unterschiedlichen Hintergründen konnten weitere Inhalte identifiziert werden. So könnten Parameter wie der Ausbau von Windkraftanlagen auch gemeindescharf und nicht nur wie bisher für die gesamte Region variierbar sein. Der Wunsch nach höherer räumlicher Auflösung zog sich durch alle Workshops. Das richtige Maß zwischen Detailierungsgrad, Blick aufs Gesamtsystem, Umsetzbarkeit und Bedienbarkeit zu finden nehmen wir als Herausforderung aus den Workshops mit.