Netz_eLOG: Intelligente Netzintegration der Elektromobilität
Projektbeschreibung
Im Forschungsprojekt Netz_eLOG entwickelt das RLI Verfahren für eine langfristig stabile Netzintegration des elektrifizierten Verkehrssektors.
Der Anteil der Erneuerbaren Energien im Strommix wird immer größer. Dadurch, dass diese Art der Stromerzeugung volatil ist – also je nach Windstärke und Sonneneinstrahlung schwanken kann – wird die Nutzung von Flexibilitäten auf Last-Seite für Netzbetreiber immer wichtiger. Elektrofahrzeuge bieten aufgrund der verbauten Akkus dazu ein hohes Potenzial. Im Forschungsprojekt Netz_eLOG wird untersucht, wie die Flexibilitätsoptionen der Elektromobilität, die sich durch verschiedene Ladestrategien ergeben, intelligent genutzt werden können.
Praxistest: Netzintegration der elektrifizierten Logistik
Am Beispiel einer großen elektrischen Zustellflotte der Deutschen Post DHL Group (DPDHL) werden in einem Praxisversuch die unterschiedlichen Flexibilitätsoptionen im Verteilnetz der E.DIS Netz GmbH aufgezeigt. Der Praxisversuch wird mit bis zu 30 StreetScooter WORK XL am Standort in Kleinmachnow durchgeführt. Ziel des Verbundprojekts ist es zu analysieren, wie flexibel die elektrische Flotte der DHL geladen werden und wie der Verteilnetzbetreiber E.DIS Netz GmbH die elektrische Fahrzeugflotte als neue flexible Last einsetzen kann.
Dynamische Ladesteuerung über den Netzanschlusspunkt hinaus
Das RLI verwendet eine von den Verbundpartnern entwickelte netzseitige, dynamische Steuerung für seine Simulationen, um abzuschätzen, wie sich gesteuertes Laden auf das Stromnetz auswirkt. Die Steuerung wird im realen Betrieb der elektrischen Lieferflotte der DPDHL an mehreren Stützpunkten getestet und berücksichtigt wesentliche Kriterien des Stromnetzes, der Fahrzeuge, sowie des Logistikprozesses, um ein optimales Ladeverhalten zu berechnen. Die entwickelten Verfahren und Technologien sollen beispielsweise die räumliche und zeitliche Überlastung des Netzes verhindern, die Stromproduktion durch Erneuerbare Energien vorausschauend berücksichtigen und die Versorgung der Elektromobilität sicherstellen. Im Gegensatz zum standardmäßigen Lastmanagement, das meist auf eine lokale Optimierung begrenzt ist, bietet die in diesem Vorhaben geplante Steuerung der Ladevorgänge die Möglichkeit, nicht verwendete Potenziale im Netz zu identifizieren und diese zu nutzen.
Übertragbarkeit und Skalierung auf andere Anwendungsgebiete
Ziel von Netz_eLOG ist es darüber hinaus, Leitlinien für die Netzintegration der Elektromobilität zu entwickeln, die eine Anwendung im gesamten Bundesgebiet ermöglichen. Dazu wird in verschiedenen Übertragbarkeitsszenarien simulativ untersucht, wie die entwickelten Verfahren unter technischen, ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten auf andere Logistikstandorte und Anwendungsgebiete übertragen werden können und welches Flexibilitätspotenzial sich an den unterschiedlichen Standorten ergibt.
Wirtschaftliche Anreize für netzdienliches Laden
Ein weiterer Baustein zur Sicherstellung der Übertragbarkeit der Projekterkenntnisse ist die Erarbeitung von wirtschaftlichen Anreizmodellen für Flotten- und Verteilnetzbetreiber. Diese berücksichtigen die Integration von Erneuerbaren Energien und die wirtschaftlichen, regulatorischen und wettbewerblichen Randbedingungen der Flottenbetreiber. Zur Erarbeitung und Validierung dieser Anreizmodelle und der Übertragbarkeit werden relevante Stakeholder aus dem Bereich der Netzintegration der E-mobilität regelmäßig zu Workshops eingeladen. Dort werden die Projekterkenntnisse mit den Stakeholdern diskutiert und ihre jeweiligen Perspektiven in den Entwicklungsprozess aufgenommen.
Regulatorische Entwicklungen im Stromnetz
Mit dem Inkrafttreten der Redispatch 2.0 Regelung im Oktober 2021 wird die intelligente Steuerung der Ladevorgänge elektrischer Flotten aus der Sicht der Engpassbewirtschaftung noch wichtiger. Durch diese gesetzliche Änderung werden künftig Verteilnetzbetreiber verstärkt in den Redispatch-Prozess einbezogen. Um den Umfang möglicher Redispatch-Aufrufe gering zu halten, können Netzbetreiber perspektivisch große elektrische Fahrzeugflotten in ihre Prognoseprozesse einbinden und die Elektromobilität auch in der langfristigen Netzausbauplanung berücksichtigen.
In Netz_eLOG wird untersucht, wie die Flexibilität der Elektromobilität so gerade auf Verteilnetzebene zur Sicherung der Netzstabilität beitragen kann.
Projektlaufzeit: November 2019 bis März 2023
Aufgaben
- Konsortialführung
- Entwicklung eines Simulationsmodells, welches die intelligenten, netzdienlichen Steuerungsmöglichkeiten innerhalb des lokalen Energiesystems abbilden kann
- Simulation verschiedener Szenarien am Standort Kleinmachnow (stationärer Batteriespeicher, Nutzung des bidirektionalen Ladens, Einbindung lokaler Erneuerbarer Energien)
- Simulation und Bewertung von Übertragbarkeitsszenarien zur Anwendung der intelligenten Steuerungsoptionen an weiteren Standorten und Anwendungsfeldern
- Identifizierung von Anreizmodellen und Betriebsstrategien für die intelligente Netzintegration elektrifizierter Fuhrparks unter ökologischen, ökonomischen, technischen und betriebsrestriktiven Gesichtspunkten.
- Einbindung von relevanten Stakeholdern zur Erarbeitung der wirtschaftlichen Anreizmodelle im Workshop-Format
- Analyse der breiten Anwendung der flexiblen, netzdienlichen Steuerung
- Erstellung eines Whitepapers für Verteilnetz- und Flottenbetreiber zum flexiblen, netzdienlichen Betrieb großer elektrifizierten Fuhrparks
Ergebnisse
Der steigende Anteil an Elektromobilität und volatiler, erneuerbarer Stromerzeugung stellt eine Herausforderung für die Verteilnetze dar. Um dieser zu begegnen, wird die Nutzung lastseitiger Flexibilität immer wichtiger. Netzdienliches Laden von Elektrofahrzeugen kann einen erheblichen Beitrag dazu leisten, den Stromverbrauch an die volatile Stromerzeugung anzupassen und somit auslegungsrelevante Leistungsspitzen zu verringern. Im Projekt Netz_eLOG haben das Reiner Lemoine Institut, IAV sowie die E.DIS Netz GmbH am Beispiel einer elektrischen Flotte der Deutsche Post DHL AG Flexibilitätspotenziale im realen Logistikbetrieb analysiert und Verfahren für eine netzdienliche Integration großer elektrischer Flotten in das Verteilnetz der E.DIS entwickelt.
Folgende Projekterkenntnisse sind für den Hochlauf der Elektromobilität und deren Wechselwirkungen mit dem Stromnetz zu berücksichtigen:
- Netzbetreiber können Steuersignale direkt aus der Netzleitstelle senden. Innerhalb gesicherter Standzeiten können Flottenbetreiber Leistungsvorgaben des Netzbetreibers umsetzen.
- Zur Festlegung von Leistungsvorgaben müssen Standzeiten, Energiebedarf und die mögliche Ladeleistung bekannt sein. Durch unbekannte Ladezustände einzelner Fahrzeuge und spezifische Ladekurven kann es zu Abweichungen bei der Umsetzung konkreter Leistungsvorgaben kommen.
- Das forcierte, gleichzeitige Laden von bis zu 30 Fahrzeugen hat keine relevanten Rückwirkungen auf die Spannungsqualität gezeigt.
- Netzdienliche Ladestrategien vermeiden Abregelung von Erneuerbare-Energie-Anlagen (EEA) im Verteilnetzgebiet. Bis zu 1/3 der bezogenen Energie einer elektrischen Flotte kann von aktuell abgeregelten EEA bezogen werden.
- Im aktuellen regulatorischen Rahmen besteht ein Zielkonflikt zwischen der Bereitstellung von Flexibilität und der Auslegung der Netzanschlussleistung, da es wirtschaftlich ist Leistungsspitzen zu senken und damit die Netzanschlussleistung zu minimieren.
- Bei der Weiterentwicklung der Netzentgelte als Anreizsystem sind die Kriterien vermiedene Abregelung und gezielte Netzauslastung zu berücksichtigen.
Im Projekt hat das RLI das Open Source Programm SpiceEV zur Simulation und Analyse von Ladestrategien entwickelt. Analysen in verschiedenen Netzgebieten und für weitere Anwendungsfälle ergeben ähnliche Ergebnisse wie der Praxistest mit DPDHL.
Kontakt
Projektleitung
Projektmitarbeitende
Raoul Hirschberg
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
+49 (0)30 1208 434 33 raoul.hirschberg@rl-institut.de